WELTKULTURERBE BULGARIEN


Der Reiter von Madara

 

Der Reiter von Madara, Bulgarien, Weltkulturerbe der UNESCO, Foto: Wikimedia Commons

Foto: Wikimedia Commons

Wie der archäologische Komplex von Madara noch heute veranschaulicht, war die Region seit urgeschichtlichen Zeiten Siedlungsgebiet und religiöse Kultstätte gleichermaßen. In den Höhlen des mächtigen Felsmassivs wurden Werkzeuge jungsteinzeitlicher Bewohner ebenso gefunden wie Hinweise auf ein thrakisches Nymphenheiligtum. Auch die Römer unterhielten hier ein großes Anwesen.

So nimmt es nicht wunder, dass gerade an dieser historisch bedeutsamen Stelle, wo eine beinahe 100 Meter hohe Felswand fast senkrecht abfällt, ein zentrales Monument des Ersten Bulgarischen Reiches errichtet wurde. Bei diesem allgemein als ‚Reiter von Madara‘ bezeichneten Felsrelief, das, in 23 Meter Höhe aus der steilen Felswand herausgemeißelt einst von weitem sichtbar war, handelt es sich um das einzige derartige frühmittelalterliche Monumentalrelief Europas.

Die fast in Naturgröße dargestellte Szenerie zeigt einen Reiter, der mit seiner Lanze gerade einen Löwen durchbohrt, gefolgt von seinem Hund. Von Regen und Wind mittlerweile stark angegriffen und darüber hinaus bar seines einstigen Überzugs mit Putz, von dem nur noch winzige Reste gefunden wurden, hat seine Fernwirkung mittlerweile stark nachgelassen. Doch wie bedeutsam muss einst der Anlass gewesen sein, ein für die damalige Zeit technisch wie künstlerisch sehr aufwendiges Relief aus der Felswand zu meißeln? Wahrscheinlich mussten aufwendige Gerüstkonstruktionen verwendet werden und die Aufgabe, ein auf Fernwirkung bedachtes Monument zu erstellen war zu jener Zeit in Europa ohne Vorbild. Ähnliche Darstellungen sind aus der frühbyzantinischen Kunst des 6. bis 8. Jahrhunderts auf Wandteppichen bekannt. Reste von Inschriften in griechischer Sprache, neben der monumentalen Darstellung ebenfalls aus dem Fels gehauen, erleichterten die Datierung des Reiters. Die älteste stammt aus der Zeit des Khans Tervel (701-718) und nimmt Bezug auf die Ereignisse des frühen 8. Jahrhunderts.

Das junge, erst im Jahr 681 gegründete Erste Bulgarische Reich befand sich immer wieder in kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem mächtigen Nachbarn Byzanz, der die Vorherrschaft auf dem Balkan beanspruchte. Im Jahre 705 hatte sich das Blatt zugunsten des bulgarischen Reiches gewendet. Byzanz erkennt den Nachbarn nicht nur förmlich an, sondern sieht sich auch zu Tributzahlungen verpflichtet. Vermutlich nimmt die Erschaffung des Reiters von Madara auf dieses Ereignis Bezug, war es doch eine Höhepunkt bulgarischer Macht und Stabilität. Siegerbewußtsein und Stolz sollten vermutlich auf diese Art und Weise weithin sichtbar demonstriert werden. Die Darstellung des siegreichen Herrschers als Löwentöter ist in zahlreichen älteren Bildern aus Ägypten, Assyrien und Persien belegt. Mit der Zeit wandelte sich die Bedeutung dieser Szenerie hin zu einem Symbol für ein siegreiches Ereignis. So ist die Szene mit dem Hund nur vordergründig die Darstellung einer Jagd, in Wirklichkeit Stein gewordener Triumph eines bedeutsamen Sieges.

Im Mittelpunkt steht die Figur des Reiters, dessen Pferd mit erhobenem linken Fuß dynamische Bewegung demonstriert. Unterstützt wird diese dynamische Bewegung durch den Hund, der dem Berittenen folgt. Sogar auf dessen heraushängende Zunge hat der Meister dieses Kunstwerks, dessen Name nicht überliefert ist, nicht verzichtet. Doch bei allem Vorwärtsdrängen der Figuren ist die Darstellung gleichzeitig von Ruhe und Feierlichkeit gekennzeichnet, eine Mischung von Expressivität und Formalität, wie sie die frühe mittelalterliche Kunst auszeichnet, ist erkennbar.

Der früheste eingemeißelte Text ist durch zwei weitere Texte ergänzt, die aus späterer Zeit stammen, aus der Mitte des achten und neunten Jahrhunderts. Diese drei Texte beziehen sich nicht nur auf das dargestellte historische Ereignis, sie gehören auch zu den frühesten schriftlichen Dokumenten des Ersten Bulgarischen Reiches überhaupt.

Wer übrigens das Relief aus nächster Nähe betrachten möchte, der findet im Archäologischen Museum Sofias eine originalgetreue Kopie dieses frühmittelalterlichen Meisterwerkes.





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